Guten Tag allerseits im Mai 2022

16.05.2022

Nun denn also. Meine sechs leeren Regenfässer recken ihre gierig weit aufgerissenen Mäuler dem Himmel entgegen. Auf dass der für heute (Montag) von den Wetterfröschen angekündigte Durchzug eines starken Regengebietes ihren Durst stille. Doch wehe, aus dem Durchzug wird hierorts, wie so oft in den letzten Wochen, wieder nur ein Vorbeizug. Die Götterbagage des Olymp ist gewarnt. Unverblümt habe ich den hohen Herr- und Damenschaften vom Frühstückstisch aus gedroht: Sollte unsereins vom Nass wieder nichts abbekommen, werde ich schon morgen meinen in himmlischen, irdischen und unterirdischen Gefilden gleichermaßen  gefürchteten Regentanz im Adamskostüm unerbittlich zur Aufführung bringen. Mehr noch: Ich werde zehntausende meiner Zeitgenoss*innen aufrufen, sich dem anzuschließen. Das kollektive Stampfen, Wippen, Schaukeln, Wabbeln und Schwappeln der menschlichen Fleischesherrlichkeit würde die Weltordnung gewiss in ihren Grundfesten erschüttern. Sehet euch also vor, Ihr da oben.


15.05.2022

Herrje, was für ein Wochenende - bar jedweder Überraschung.
1. Wie erwartet: Sonne satt durchgehend.
2. Wie erwartet: Werder Bremen steigt auf.
3. Wie gewettet: Der ukrainische Beitrag gewinnt, dank Volkes mächtiger Stimme, den ESC; der deutsche Star-Sprechgesang landet auf dem letzten Platz. (Ginge es nach mir, stünde Portugal auf Platz zwei und Netherlands auf drei. Aber auf mich hört ja niemand).
4. Wahlausgang NRW wie von mir erwartet: Die großen Verlierer sind FDP, Linkspartei und AfD. Die ersten beiden verlieren jeweils mehr als die Hälfte ihrer Stimmen, die Braunen rund ein Viertel. Kleinere Sprüngchen machen die beiden großen Parteien: CDU ein bisschen nach oben, SPD etwas mehr nach unten (was wohl nur stramme SPD-Parteigänger überrascht hat). Großer Gewinner dieser Wahl sin die Grünen mit schierer Verdreifachung des Stimmanteils. Was die Situation im Bund dazu beitrug, darf man getrost den HaBock-Effekt nennen.


13.05.2022

Wenn ich recht orientiert bin, stünden an diesem Wochenende kalendarisch die Eisheiligen an. Wettervorhersage für Samstag/Sonntag: Etwa vom Münsterland bis Baden quer durch die Republik 26 plus X Grad bei strahlendem Sonnenschein. Die Heiligen sind schon länger nicht mehr, was sie mal waren, und die Eisheiligen jetz auch nicht mehr. Nun denn, ich habe heute alles gepflanzt, was im Garten mit Rücksicht auf diese "kalten" Tage noch fehlte. Schaun mer mal, ob sie ganz ausfallen oder verspätet doch noch irgendwann aufkreuzen. Geruhsames Wochenende allerseits - Sonnencreme nicht vergessen.


11.05.2022

Auch im Westerwald sitzt oder steht man draußen. Mein Sommeratelier unterm Haselgebüsch. Staffelei Marke Eigenbau (beliebig höhenverstellbar) = 4 Dachlatten, 1 Sperrholzplatte, 2 kleine Klappscharniere, 2 Maschinenschrauben mit Flügelmuttern, einige Holzschräubchen. Benötigtes Werkzeug: Zollstock, Bleistift, Säge, Bohrer/Schrauber. Fertig.


09.05.2022

Ein beknackter, sozusagen fast verkackter Montag war das. Am Morgen beim Zähneputzen in den Finger geschnitten (fragt nicht! Es gibt nichts, das es nicht gibt). Nachher mit dem Auto in die Werkstatt (fragt nicht!). Später die Klaviertasten mit Blut verschmiert und die Hose versaut (fragt bloß nicht!). Am Abend festgestellt, dass kein Wasser mehr in den Regentonnen ist (fragt nicht!). Danach mit Bohnensuppe den Gaumen verbrüht, jetzt Brandblase im Maul (nein, keine Fragen!). Ich hätte am Morgen im Bett bleiben sollen - wohin ich mich nun, vorsichtig hintastend, trotz alledem frohgemut begebe.


08.05.2022

Nachdenklich. Ich tue mir etwas schwer damit, dass der 8. Mai hierzulande als "Tag der Befreiung" begangen wird. Schließlich sind die alliierten Soldaten nicht in den Kampf gezogen und zu Millionen gefallen, um Deutschland von den Nazis zu befreien, sondern die übrige Welt von Nazi-Deutschland. Das NS-System war vom Gros des deutschen Volkes nun mal geduldet, getragen, gewollt und eben keine Fremdherrschaft. Für uns Nachgeborene ist der Tag der deutschen Kapitulation eine Gnade, weil es ein "Tag der Befriedung" war und der (mit Waffengewalt erzwungene) Anfang einer Hinwendung zum Besseren.


07.05.2022

Wenn das so ist, ist es eben so, und man sollte es sich eingestehen ohne Frust oder Groll: Meine Lust am Malen und Ölfarben werden nicht warm miteinander. Übers Jahr habe ich mich mit Bleistift, Zeichenkohle, Aquarell- und vor allem Acrylfarben bestens angefreundet. Erste kleine Versuche mit Öl drinnen in der Malstube und ein größerer, ganztägiger Anlauf heute im Freien sind in die Hose gegangen. Weniger, weil die Ergebnisse für die Tonne waren, das passiert auch mit den anderen Malstoffen immer wieder mal. Aber der Umgang mit den Ölfarben hat mir einfach keinen Spaß gemacht - was für mich, der aus purem Spaß an der kreativen Freud malt, ein KO-Kriterium darstellt.

Herr im Himmel ist das ein Gematsche und Geschmiere. Egal, welche Pinselsorte ich nutze: Ich kriege keine gescheiten Linien hin, dafür ist die Leinwand bald überall versaut von Farbresten an den Händen bis hinauf zum Ellbogen und an Pinselschäften. Überhaupt habe ich am Ende mehr Farbe auf dem Kittel, im Handlappen, auf dem Beistellstich, ja selbst im Gesicht und in den Haaren als auf der Leinwand. Das Ölzeug trocknet ja erst nach Tagen oder Wochen, während Aquarell- und Acrylfarbe schon nach ein paar Minuten wieder "begehbar" sind. Gewiss, man kann den Umgang mit Öl bestimmt lernen. Aber muss ich mir diese Mühe auf die alten Tage noch aufladen? Nö - auch ohne Öl ist meine Malwelt eine überreiche.


04.05.2022

Dieser Tage erhob sich mal wieder Klage über absterbende Innenstädte, Leerstände, Publikums-/Käufermangel. Seit Jahren ist der Verursacher schnell ausgemacht: der Internethandel. Klage und Sorge über schlechte Zukunftsperspektiven der Innenstädte sind natürlich berechtigt. Und gewiss ist der Internethandel einer der Ursachefaktoren. Der Vergesslichkeit scheint allerdings anheim gefallen, dass es vielfach die heute klagende Kommunakpolitik selbst war, die in den 70ern, 80ern, 90ern die Entwicklung zum Ausbluten der Stadtzentren in Gang setzte. Wie das?

Die Älteren werden sich erinnern: Gemeinderäte der großen wie mittleren Städte, ja selbst ländlicher Unterunterzentren überschlugen sich im Bemühen, möglichst rasch ein, zwei oder mehr Gewerbegebiete (Einkaufsgebiete) draußen vor den Toren ihrer Orte einzurichten. Stadtentwicklungspolitik hieß damals: Die Musik spielt auf der "grünen Wiese", wo es Auto-Parkplätze ohne Zahl gibt. Und so kam es, dass heute die Zufahrten zu allen Städten und Städtchen gleich (hässlich) aussehen und die Stadtzentren schon zu dümpeln begannen, als es Amazon und Zarlando noch gar nicht gab. Nur mal so, zur Erinnerung.


03.05.2022

An diesem Wochenende machte ich für etliche Stunden Pause vom Ruhestand und schlüpfte mal wieder in die alten Stiefel des Theaterkritikers. Nach fast zwei Jahren, auch Corona-bedingter, Theaterabstinenz stand die Tanzsparte auf dem Plan: Am Staatstheater Mainz hatte eine neue Choreografie u.a. zu Strawinskys legendärer Ballettmusik "Le Sacre du printemps" Premiere. In der vom Gastchoreografenduo Koen Augustijnen und Rosalba Torres Guerrero mit dem Ensemble von "tanzmainz" erarbeiteten Produktion gibt es manch schönen Moment, doch in ihrer Gesamtheit haben mich diese 75 Minuten nicht vom Sessel gehauen. Hier meine Premierenkritik >


02.05.2022

Pazifismus ist eine ehrenwerte Haltung und seine stete Präsenz im großen Menschheitsdiskurs ebenso wertvoll wie nötig - auf dass wir im Irrsinn der Realität nicht vollends vergessen, wohin wir uns entwickeln sollten. Da nun aber Irrsinn und Unverstand real vorherrschen, im aktuellsten Fall Putin'sche Großmachtgelüste die Ukraine zum befreienden Selbstverteidigungskampf zwingen, ist Pazifismus als konkrete Handlungsanleitung für den Moment wenig hilfreich. Ich selbst begegne echten Pazifisten mit Achtung, obwohl ich nie einer war. In früheren Jahren habe ich die Befreiungs- und Unabhängigkeitskämpfe in Indochina, Lateinamerika und Afrika gegen Kolonialismus und Imperialismus unterstützt. Diese Haltung prägt heute meine Position auch in der Ukraine-Frage.



30.04.2022

Achtung, frei erfunden, erstunken und erlogen! Neue Höhepunkte der Troll-Agitation pro Putin in den Netzwerken:
1. Da zirkuliert ein Video, das eine junge, dunkelhaarige, verweinte Frau zeigt. Vorgeblich Selenksys Tochter, die angeblich enthüllt, dass ihr Vater ein Nazi und Mörder sei. Faktenchecker ermittelten als Tatsache: Es handelt sich um ein Youtube-Video aus dem Jahr 2017, die Frau ist gar nicht Selenskys Tochter, sondern irgend ein Mädchen, das auf russisch rumheult, ihr Freund möge sofort ein iPhone beschaffen.
2. Verbreitet wird die Mär, in Düsseldorf und im Raum Nürnberg befänden sich russischstämmige Menschen in Lebensgefahr. "Ukrainische Männer" zögen von Haus zu Haus, um solche Menschen zu ermorden. Ein Mann sei bereits erstochen worden, nur weil er russisch gesprochen habe. Die Polizei ist der Sache nachgegangen und hat gefunden: NICHTS. Recherchen von ZDF- heute und T-online verorten die Herkunft dieser "Nachrichten" in Russland.


28.04.2022

"Ein Gespenst geht um – das Gespenst der Gesellschaftsspaltung. Und nie scheint der 68er-Spruch richtiger gewesen als heute: Das Politische ist immer auch privat und das Private politisch. Denn sämtliche bedeutenden Fragen der Gegenwart betreffen nicht nur Regierungen, befeuern nicht nur Stammtisch- und Talkshow-Pallaver. (...)" So beginnt meine Monatskolumne "Quergedanken" Nr.202 für den Mai unter der Überschrift "Wir müssen reden! Doch mit wem worüber?" > weiterlesen hier

 

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