Die sog. "Querdenker" sind nicht einfach Irre
Kleine Analyse einer politischen Destabilisierungsfront
ape. Derzeit wird von der Quarkdenker-Bewegung oft als quasi Zusammenrottung von "Irren" gesprochen. Es ist wohl ein bisschen komplizierter, was sich da als Randphänomen zusammengebraut hat. Der Anteil von psychopathologischen Fällen und "Wutbürgern" an dieser Extrembewegung ist m.E. erheblich kleiner als man gemeinhin denkt (wie auch die ganze "Bewegung" viel kleiner ist, als ihre Lautstärke und Provokationsenergie den Eindruck erweckt). Und sie besteht auch nicht einfach bloß aus AfD-Parteigängern.
Ich habe mir die letzten Wochen - alle für mich greifbaren Quellen nutzend und Netzaktivitäten beobachtend - die Zusammensetzung genauer angesehen. Ergebnis: Da sind jede Menge "politische" Strömungen mit am Werk, die sich im Grunde für die Pandemie und den Seuchenschutz herzlich wenig interessieren, deren vermeintliches Streiten zur Verteidigung verfassungsmäßiger Bürgerrechte vor allem taktisch-agitatorisches Kalkül ist. Diese Leute greifen das Corona-Thema ganz bewusst auf und schlachten es aus, einzig um ihre eigenen (altbekannten, herkömmlichen) politischen Zwecke und Ziele zu verfolgen.
Die Einschätzung (auch des Verfassungsschutzes), es würden sich zusehends "radikale Kräfte" unter diese Bewegung mischen, halte ich für unzutreffend, ja ein bisschen naiv. Vielmehr verhält es sich quasi umgekehrt: Diese Bewegung bestand von vornherein vornehmlich aus radikalen Kräften - die im weiteren Verlauf auch eine gewisse Anzahl von "gewöhnlichen Wutbürgern" angezogen hat. Der Kern (und wahrscheinlich auch das Gros) der aktiven Quarkdenker setzt sich aus vier Blöcken zusammen: 1. Das gesamte rechtsradikale, eine nationaldeutsche Revolution anstrebende Spektrum von AfD-Anhängern über diverse neofaschistische Sekten bis zu Reichsbürgern und Hooligans, plus eine noch recht neue Strömung von reaktionären Trump-Anhängern. 2. Das "linke" Querfrontmilieu mit den organisierten Putinisten (überwiegend Ex-SED- und etliche Ex-DKP-Anhänger) im Zentrum, nebst allerhand versprengten Altstalinisten, Alttrotzkisten und einigen Anarchos. 3. Der Block von Qanon und Co. 4. Ein Konglomerat aus esoterischen "Systemgegnern".
Die Grenzen sind fließend geworden, was vor allem den vermeintlich "Linken" in dieser Bewegung zur Schande gereicht. Gemeinsam ist ihnen allen aber der Wunsch und Wille zur Destabilisierung "der herrschenden Verhältnisse", zur Hervorbringung/Provokation einer, wie man in den 1970ern bei den marxistisch-leninistischen Gruppen Westeuropas sagte: "revolutionären Lage". Kurzum: M.E. wissen diese - mit Mitläufern deutschlandweit wohl kaum mehr als einige Zehntausend Aktive umfassend - Leute genau, was sie tun, haben Taktik und Strategie ihres Vorgehens sehr rational duchdacht. Sie einfach als "Irre" zu betrachten, hieße, sie falsch einzuschätzen.
Andreas Pecht